Kapillarelektrophorese mit Leitfähigkeitsdetektion - eine Alternative zur Ionenchromatographie?

Die Kapillarelektrophorese (CE) ist eine vergleichsweise junge Trenntechnik, die den Namen "Hochleistungstrennmethode" aufgrund ihrer hervorragenden Auflösung rechtfertigt. Sie nutzt dasselbe Trennprinzip wie die seit langem eingeführte Bettelektrophorese. Durch die Verwendung von feinen Kapillaren kann jedoch auf Papier oder Gel als Medium zur Unterdrückung der Konvektion verzichtet werden. Diese Matrices verursachen aufgrund ihrer extrem großen Oberfläche immer eine Wechselwirkung mit den Analytspecies, die in der Trennung einer mehr oder weniger große Rolle spielt..

Der Begriff Kapillarelektrophorese wird häufig auch synonym für die Kapillarzonenelektrophorese (CZE), die elektrophoretische Trennung in einer offenen Kapillare mit 25 bis 200 µm Innendurchmesser, verwendet. Insgesamt bezeichnet er jedoch die gaze Methodenfamilie. Dazu gehören die in der klassischen Elektrophorese erprobten Methoden der Gelelektrophorese (CGE) und der isoelektrischen Fokussierung (CIEF) sowie die Isotachophorese (ITP).

In der Kapillare kann der elektroosmotische Fluß (EOF) als gut kontrollierter Mechanismus zum Stofftransport genutzt werden. Dieser Effekt gehört zu den problematischsten Störphänomenen der klassischen Elektrophorese und Isotachophorese. CE-Trennungen können durch den EOF stark beschleunigt oder in der Effizienz gesteigert werden.

Die Methoden der Micellaren ElektroKinetischen Chromatographie (MEKC) und der jüngst vermehrt untersuchten Kapillar Elektrochromatographie führen die Kapillarelektrophorese auf das Kerngebiet der HPLC.

Wie in der Anfangszeit der HPLC sind die Probleme der Detektion ein wichtiges Feld der Entwicklung. Grundsätzlich sind alle in der HPLC anwendbaren Detektoren auch in der CE bereits beschrieben. Die Detektion mit Diodenarray UV-vis Spektrometrie ist inzwischen als Stand der Technik eingeführt wobei mehrere Ansätze zur Steigerung der Empfindlichkeit kommerziell angeboten werden ("Bubble Cell", Z-Zelle). Viele der anderen Techniken werden kaum kommerziell angeboten.

Im Jahr 1995 brachte Unicam einen Leitfähigkeitsdetektor für die CE auf den Markt. Dieser kann als universeller Detektor für geladene Analytspezies eingesetzt werden. Die Firma führte das System als KapillarIonenElektrophorese ein (CIE). Dieses eignet sich grundsätzlich für den Einsatzbereich der Ionenchromatographie (IC). Eine Bewertung der beiden Methoden muß wohl für verschiedene Fragestellungen, Matrices und Konzentrationsbereiche beurteilt werden. Grundsätzlich ist die CIE schneller und robuster, während die IC im Allgemeinen eine niedrigere Nachweisgrenze aufweist.

Im Mikroanalytischen Laboratorium wird eine CIE seit Sommer 1995 zur Ionenanalytik eingesetzt.

Exemplarische Anwendungen wurden am 22. Januar 1997 anläßlich des 14. hp-Forum Analytik bei Hewlett Packard/Wien in einem Poster präsentiert.

Derzeit (Juli 1997) nehmen wir an einem inoffiziellen Ringversuch der Universität Linz/Institute für Chemie/Abteilung für Analytische Chemie zur "Analytik von kleinen Ionen mit Hilfe von Kapillarelektrophorese und Isotachophorese" teil.

 

Angewandte Ionenanalytik mit Hilfe der Kapillarelektrophorese
mit Leitfähigkeitsdetektion

Einleitung:

Die Leitfähigkeitsdetektion in der Kapillarelektrophorese ist in der Literatur mehrfach beschrieben. Seit 1994/95 ist ein Leitfähigkeitsdetektor auch kommerziell erhältlich. Die eingesetzte Meßzelle hat ein Volumen von wenigen Nanolitern. Grundsätzlich ist die Leitfähigkeit über die Mobilität der Ionen bestimmt. Alle geladenen Teilchen in einem Elektrolyten tragen also je nach ihrer Konzentration mit dieser spezifischen Eigenschaft zur Gesamtleitfähigkeit bei. In erster Näherung ändert sich die Leitfähigkeit des Elektrolyten (L0) durch Zugabe eines Analytions zu

L = L0 + cAnalyt·(µAnalyt – µCoion)

Die Leitfähigkeit eignet sich daher sowohl zur direkten (µAnalytCoion) als auch zur indirekten Detektion (µAnalytCoion). Ionen, deren Beweglichkeit dem Coion des Puffers sehr ähnlich ist, können allerdings-kaum nachgewiesen werden. Auch Neutralmoleküle bewirken keine Änderung der Leitfähigkeit. Da die Ionenbeweglichkeit jene Eigenschaft ist, die auch das Trennverhalten bestimmt, kann die molare Empfindlichkeit aus der Retentionszeit geeicht werden. Die Leitfähigkeitsdetektion ist – wie alle universellen Detektionsmethoden – nicht spezifisch. Im Gegensatz zur Ionenchromatographie ist der Einsatz einer Supressorsäule nicht denkbar. Bei der Wahl der Laufpuffer ist daher darauf zu achten, daß eine konstante Hintergrundleitfähigkeit gewährleistet ist. Es werden vorzugsweise zwitterionische Substanzen eingesetzt, die eine hohe Ionenstärke bei geringer Leitfähigkeit gewährleisten. Typische Pufferkomponenten sind Aminosäuren und Aminosulfonsäuren.

„Ionenscreening" in Wasserproben:

Die Aufnahme eines Elektropherogramms bietet eine rasche Information über die ionischen Kompo-nenten, die in einer wäßrigen Lösung enthalten sind. Je nach der Ionenkonzentration wurden die Pro-belösungen in Verdünnung bis 1:1000 eingesetzt. Hier sind die kurze Laufzeit (ca. 5 Minuten je Lauf, ca. 30 Minuten zum Umstieg zwischen Anionen– und Kationenmethode) und der große dynamische Bereich wesentlich. In einem Haus auf einem Seegrundstück war ein Wasserschaden aufgetreten. Im Bereich des Estrichs stand eingesickertes Wasser. Drei mögliche Ursachen wurden diskutiert. Durch Vergleich der „Ionenprofile" der möglichen Wasserquellen mit dem eingedrungenen Wasser sollte die Ursache gefunden werden. Abbildung 1 zeigt Ergebnisse dieser Untersuchung. Aus dem Vergleich der Elektropherogramme wurden die zwei Proben „Wasserleitung 1" und „Wasserleitung 2" als ununterscheidbar bewertet. Aus den hier präsentierten Daten konnte geschlossen werden, daß das eingetretene Wasser weder aus dem See noch aus einer der Wasserleitungen stammen könne. Dies wurde nachträglich auch bestätigt. Vom tatsächlich eingesickerten Hangwasser stand uns keine Probe zur Verfügung.

Identifizierung von Aminen in wäßrigen Lösungen:

Technisch wichtige Amine können mit Hilfe der eingesetzten Kationenmethode rasch identifiziert wer-den. Der Gehalt an Aminen in wäßrigen Extrakten wurde so bestimmt. Die abgebildete Meßkurve (Abbildung 2) zeigt neben Alkali und Erdalkaliionen Ammonium, Diethylamin, Ethanolamin und Melamin. Dieses ist nur schwach basisch. Im Laufpuffer bei pH 6,2 ist die Spezies schwach protoniert, was eine geringe beobachtete Ionenbeweglichkeit bedingt. Diese Spezies wird daher indirekt, also durch Verringerung der Leitfähigkeit, angezeigt.

Kapillarelektrophorese als Endbestimmung in der Elementaranalyse:

In der Mikroelementaranalyse, die zur Bestätigung angenommener Strukturen in der präparativen Chemie seit PREGEL eingeführt ist, werden üblicherweise 2 bis 5 mg Probe eingesetzt. Auch mit den modernen Apparaten liegen die erreichbaren Bestimmungsgrenzen bei ca. 0,05 w-% (500 ppm). Die Bestimmung von 10 bis 1.000 ppm Halogen, Schwefel oder Stickstoff in organischen und anorganischen Proben an Substanzmengen von wenigen Milligramm wurde durch Einsatz der CE als Detektionsmethode möglich. Durch oxidativen Aufschluß im Sauerstoffstrom im elektrischen Ofen werden die Halogene Fluor, Chlor und Brom quantitativ aufgeschlossen und können in einer wäßrigen Perhydrolvorlage als Halogenide absorbiert werden. Auch Schwefel kann als SO2 ausgetrieben, absorbiert und nach Oxidation als Sulfat bestimmt werden. Die Bestimmung von Fluor ist in der eingesetzten Anordnung nicht möglich, da die gebildete Flußsäure an Glas und Quarzteilen umgesetzt wird. Die aus der Vorlage gewonnene Analytlösung kann mit Hilfe der Kapillarelektrophorese auf die gebil-deten Anionen untersucht werden. Durch reduktiven Aufschluß nach KJELDAHL wird der in einer Probe enthaltene Stickstoff quantitativ in Ammoniak überführt, der durch Wasserdampfdestillation in eine salzsaure Vorlage überführt wird. Diese Analytlösung wird üblicherweise mit Lauge rücktitriert, um den gebildeten Ammoniak zu quantifizieren. Durch Bestimmung des Ammoniumions mit Hilfe der Kapillarelektrophorese kann die Endbestimmung deutlich empfindlicher gemacht werden.

Gerät:

CRYSTAL 310 Capillary Electrophoresis, CRYSTAL 1.000 Conductivity Detector (ATI–Unicam, 1995)

Meßparameter:

Alle Trennungen erfolgten in einer Quarzkapillare mit Øinnen = 50 µm, l = 55 cm.
Die Proben wurden hydrodynamisch mit 6 bis 12 Sekun-den bei 15 bis 25 mbar injiziert.
Die Kapillare wurde auf 25 °C thermostatisiert. Der Detektor wurde bei einer Temperatur von 35 °C betrieben.

Kationen Anionen
Puffer 30 mM His + 30 mM MES + 1 mM 18-crown-6 50 mM CHES + 20 mM LiOH oder
30 mM His + 30 mM MES
EOF-Modifier kein EOF-Modifier 1 mM CTAB Spülung oder
0,5 mM TTAOH im Laufpuffer
Spannung +20 bis +30 kV -20 bis -30 kV